Agon
Balanchine, George (United States)
1993
Choreographer(s) : Balanchine, George (Russian Federation)
Video producer : The Balanchine Trust
Samanvaya
Mudgal, Madhavi (India)
2006
Choreographer(s) : Mudgal, Madhavi (India) Valli, Alarmel (India)
Video producer : Maison de la Danse
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Interplay
Slide, Jimmy (United States)
2004 - Director : Picq, Charles
Choreographer(s) : Slide, Jimmy (United States)
Video producer : Maison de la Danse
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Tango Vivo
Codega, Claudia (Argentina)
2006
Choreographer(s) : Codega, Claudia (Argentina)
Video producer : Maison de la Danse;Biennale de Lyon
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Dix Versions
Merzouki, Mourad (France)
2006 - Director : Picq, Charles
Choreographer(s) : Merzouki, Mourad (France)
Video producer : Maison de la Danse
Roaratorio
Cunningham, Merce (France)
2010 - Director : Rebois, Marie-Hélène
Choreographer(s) : Cunningham, Merce (United States)
Video producer : Leslie Grunberg, les Films Pénélope
Fase
De Keersmaeker, Anne Teresa (Belgium)
2002 - Director : De Mey, Thierry
Choreographer(s) : De Keersmaeker, Anne Teresa (Belgium)
Video producer : Avila ; Sophimages
Entdecken
Eine ganze Tanzperformance in absoluter Stille? Diese Herausforderung nahm 1928 Doris Humphrey, die mit „Water Study“ das erste Stück choreografierte, das gänzlich ohne Musik aufgeführt wurde. „Tanzen ohne Musik“, so der Ballett-Theoretiker Georges Noverre 1760, „ist ebenso wenig verständlich wie Singen ohne Wörter“, da die Bewegungen „verschwenderisch“ und bar jeder „Bedeutung“ sind*. Soll sich der Tänzer von der Musik leiten lassen? Merce Cunningham lehnt diese Form der Unterwerfung ab. In den 1960er Jahren brachte der amerikanische Choreograf die Idee auf, Tanz und Musik vollkommen unabhängig von einander zu machen, während sie allein die jeweilige Epoche miteinander teilen sollten. Seit damals hat der Tanz den Ton wieder angeschaltet**. Als ob er dem Beat nicht widerstehen könnte! Aber wie artikulieren sich nun Tanz und Musik, wie gestalten sie sich in jeweiligen Epochen, Stilen und bei verschiedenen Künstlern? Wie harmonieren sie miteinander, um gemeinsam Sinn zu ergeben und eine Performance darzubieten? Die acht Sequenzen dieses Themas sind eine Einladung, Musik zu betrachten und Tanz zu hören und die Musikalität der Interpretation oder der choreografischen Handschrift zu entdecken.
Beschreibung
1. Die Klassiker
Agon - George Balanchine
„Betrachte die Musik, höre den Tanz“, Dieser Ausdruck ist George Balachine entliehen. Dabei arbeitete er mehr als zwanzig Mal Hand in Hand mit Igor Stravinsky, seinem Landsmann und Freund und kreierte 1957 Agon. Die Partition, die auf dem Prinzip der Zwölftonmusik aufbaut, besteht aus zwölf Teilen, die sich in zwölf Tänzern spiegeln, die sich in einer Vielzahl an Formen wiederfinden: Duos, Trios u.a.
Im Pas de deux, führt die Ballerina ihren Partner, ebenso kommt die Violine den anderen Instrumenten zuvor. Sie wird gehoben, sie nutzt die Stütze und den Halt, den ihr Partner ihr gibt, genau wie die Violine, die durch den musikalischen Hintergrund hervorgehoben wird. Für Balanchine ist es der Choreograf, der dieses Spiel der Beziehungen und Verbindungen erzeugt: „Choreografie [erschafft] ihre eigene Form, ungeachtet der musikalischen [und ohne] die Linie und den Rhythmus zu wiederholen“.
Schwanensee - Marius Petipa
Langsamer Rhythmus, umfangreiche Armbewegungen, Beine, die Linien im Raum skizzieren; das ist die wahre Natur eines „Adage“ wie das des Pas de deux in Schwanensees zweitem Akt. Der Ausdruck selbst stammt aus dem musikalischen Vokabular, dem „Adagio“. Mit Marius Patipa wurde es zum ersten Teil des Pas de deux. Der französische Choreograf, der wie die Ballettmeister der damaligen Zeit in Russland lebte, diktierte den Komponisten seinen Rhythmus, seinen Takt und seinen Charakter. Als bloße Darsteller verstanden, erfuhren letztere in Russland ohnehin nur wenig Wertschätzung.
2. Die Rhythmik
Samanvay - Madhavi Mudgal
Jeder Odissi Tänzer muss auch ein Musiker sein! Dieser Tanz, wie auch andere klassische Stile in Indien, wird maßgeblich vom Rhythmus gestaltet. Die musikalische Struktur beruht auf Zyklen, die als „Talas“ bekannt sind und die Choreografie bestimmen. Die Füße der Tänzer folgen dem rhythmischen Muster, das die „Talams“ vorgeben, zwei Becken-artige Schlaginstrumente, die wiederum durch die Trommel verstärkt werden. Die Knöchelbänder mit vielen kleinen Schellen verstärken den Schall der im Rhythmus stampfenden Füße. Sie machen den Darsteller, meist eine Solistin, zu einem vollwertigen Instrumentalisten. So werden die sieben Tänzer dieses Stücks, von Madhavi Mudgal zu einer Tanzgruppe und einer Art bewegtem Orchester vereint.
Interplay - Jazz Tap Ensemble
Beim Stepptanz sind die Füße gleichzeitig eine Art Schlagzeug, auch wenn es hier spezielle Schuhe sind, die den Ton angeben. Der Reichtum an rhythmischen und akustischen Kombinationen sind in erster Linie das Ergebnis verschiedener Stöße auf dem Boden - Stöße, die vom Absatz, der Spitze oder der flachen Sohle ausgehen.
3. Musik zum Tanzen / Musik, die zum Tanzen verleitet
Tango Vivo - Union Tanguera
Am Ende des 19. Jahrhunderts aus der Verflechtung von schwarzen, kreolischen und europäischen Kulturen entstanden, die nach Argentinien immigriert waren, bestanden innerhalb des Tango verschiedene musikalische und tänzerische Genres. Obwohl es enge Verbindungen zwischen beiden gab, übernahm das musikalische Genre seine Unabhängigkeit und forderte eine selbstständige Existenz. Mischt durchchoreografierte mit improvisierten Sequenzen, wie es die Paare auch auf einem Ball tun. Mit Betonung auf jedem geraden und vierfachen Takt bauen die Paare verschiedene Figuren in Ihre Schritte ein, so wie den „Corte“ den „Ocho“und den „Gancho“, eine Art angedeuteter Bein-Haken.
Dix Version - Mourad Merzouki
Es ist einer jener Musikstile, bei dem sie sofort lostanzen wollen. Und wenn die Bewegung am Rhythmus klebt und eine Art Osmose zwischen zwei Tänzern in Erscheinung tritt, dann muss sich die Freude an der Bewegung bis in den Zuschauerraum ausbreiten. Wie in dieser Sequenz aus Dix Versions, eine der ersten Choreografien von Mourad Merzouki. Die Tänzer zeigen „Popping“, Smurf oder Boogaloo, drei charakateristische Stile des Hip-Hop, die stehend getanzt werden und nicht auf dem Boden liegend wie im Breakdance.
3. Unabhängigkeit vom Partner
Roaratorio - Merce Cunningham
In Roaratorio von Merce Cunningham gibt es keinerlei Koordination zwischen Tanz und Musik. Tanz existiert hier ohne jeglichen Bezug zur Musik. Und wenn auch zwischendurch eine scheinbare Verbindung erscheint, so ist sie doch nur reiner Zufall. Die Tänzer, der Hilfestellung durch die Musik beraubt, brauchen nun selbst umso mehr ein absolutes Rhythmus- und Zeitgefühl und müssen ihren Partnern gegenüber absolut aufmerksam sein. Es sind jene grundlegenden Prinzipien, die Merce Cunningham in den 1960er Jahren entwickelte.
Fase - Anne-Teresa de Keersmaeker
Anne-Teresa de Keersmaeker schenkt der Musik allerhöchste Aufmerksamkeit. Denn sie ist ihre Inspiration. Weniger weil sie die Musik durch den Tanz zum Ausdruck bringen möchte; in erster Linien schätzt die belgische Choreografin die formalen Strukturen, die Architektur und die Regeln der Komposition, die eine Partition charakterisieren, noch bevor sie sie in Choreografien übersetzt. Diese analoge Verbindung mag wiederum im Bezug zur Organisation des Raums stehen, zu den Prozessen der Bewegungsabläufe oder sogar zur Körpersprache selbst.
in mehr Tiefe
BALANCHINE, Georges, MOISSEEVITCH VOLKOV, Solomon, DAY, Carole (trad.). Conversations avec George Balanchine : variation sur Tchaïkovski [Balanchine’s Tchaïkovski]. Paris : L'Arche, 1988. 220 p.
NOVERRE, Jean-Georges. Lettres sur la danse. Paris : éd. du Sandre, DL 2006. 219 p.
APPRILL, Christophe. « Le tango, une ‘musique à danser’ à l’épreuve de la reconstruction du bal », in Civilisations, n°53, 2006, p. 75-96.
Autor
Anne Décoret-Ahiha ist Anthropologin für Tanz, Doktorin an der Universität Paris 8. Als Referentin, Trainerin und Beraterin entwickelt sie Vorschläge zum Thema Tanz als Bildungsressource und entwirft partizipative Prozesse zur Mobilisierung von Körperlichkeit. Sie animiert das "Aufwärmen des Zuschauers" im la Maison de la Danse.
Credits
Video Selektion
Olivier Chervin
Text und Literatur
Anne Décoret-Ahiha
Produktion
Maison de la Danse
Das Parcours « Tanz und Muzik » wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung des General Secretariat of Ministries and Coordination of Cultural Policies for Innovation. Die Übersetzung wurde mit Hilfe des European Video Dance Heritage Projekts umgesetzt, das durch die Kulturförderung der Europäischen Union unterstützt wird. Mehr Infos auf www.evdhproject.eu.