Entrée d’Apollon
PĂ©cour, Louis-Guillaume (France)
1988
Choreographer(s) : PĂ©cour, Louis-Guillaume (France)
Video producer : Maison de la Danse
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Swan Lake
Makarova, Natalia (France)
2010 - Director : Picq, Charles
Choreographer(s) : Makarova, Natalia (Russian Federation) Ivanov, Lev (Russian Federation) Petipa, Marius (France)
Video producer : Maison de la Danse de Lyon
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Tango Vivo
Codega, Claudia (Argentina)
2006
Choreographer(s) : Codega, Claudia (Argentina)
Video producer : Maison de la Danse;Biennale de Lyon
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Blue Lady
Blue Lady (Italy)
1983 - Director : Picq, Charles
Choreographer(s) : Blue Lady (Italy)
Video producer : Maison de la Danse
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Blue Lady [revisited]
Saarinen, Tero (France)
2008 - Director : Picq, Charles
Choreographer(s) : Saarinen, Tero (Finland) Carlson, Carolyn (France)
Video producer : Maison de la Danse de Lyon ; Biennale de Lyon
Integral video available at Maison de la danse de Lyon
Corps est graphique
Merzouki, Mourad (France)
2003 - Directors : Picq, Charles - Plasson, Fabien
Choreographer(s) : Merzouki, Mourad (France)
Video producer : Maison de la Danse
The dance of nothing
The dance of nothing (Israel)
1998 - Director : Picq, Charles
Video producer : Maison de la Danse;Biennale de la Danse
Weiblich / männlich
Entdecken
Tanzen reflektiert ganz offensichtlich Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit, die je nach Epoche und Kultur unterschiedlich ausfallen. Wir haben vergessen, dass das Ballet de Cour, der Vorgänger des klassischen Balletts, ursprünglich den Herren vorbehalten war. Erst während der Romantik nahm das Ballett die Figur der Ballerina stärker in den Blick und stufte die männlichen Rollen als weniger bedeutsam ein. Also gibt es eindeutige Männer- und Frauen-Tänze; Bewegungen, Schritte und Attituden, die besser zu einem Geschlecht passen als zum anderen. Soziale Normen, Werte und Ideen, die mit einzelnen Bewegungen assoziiert werden, diktieren nicht selten Geschlechterrollen. Jedoch versuchte der zeitgenössische Tanz, jene Geschlechterrollen zu überwinden und propagierte äquivalente Bewegungen.
Beschreibung
Entrée d'Apollon
„Barocker Tanz“, wie wir ihn heute kennen, ist eine Rekonstitution des „Belle Danse“ (French noble style), der vom Adel und den Höflingen des 16. Jahrhunderts ausgeübt wurde und das Fundament des westlichen klassischen Balletts bildet. Zu Beginn wurde er allein von Männern praktiziert. Tatsächlich gehörte Tanzen zur Ausbildung eines jeden Mannes. Er förderte Agilität als eine Art Vorbereitung auf den Kampf. Er garantierte auch eine gute Haltung und körperliche Eleganz, die als wichtige Attribute der Aristokratie galten. Ein herausragender Tänzer war auch Ludwig XIV, der jeden Morgen noch vor der Jagd eine Tanzstunde nahm. In den 1970er Jahren begann Francine Lancelot dieses choreografische Erbe zu erneuern. Hier erweckt „étoile“, der Tänzer Jean-Christophe Paré, eine seiner vielen Choreografien zum Leben.
Im Verlauf der Jahrhunderte entwickelte sich das Ballett, bis in der Romantik die Ballerinas einen Ehrenplatz einnahmen.
Swan Lake – Marius Petipa
Im klassischen „Pas de deux“, wie das hier gezeigte aus Schwanensees zweitem Akt, unterstützt der männliche Tänzer seine Partnerin. Damit hilft er ihr zu extremen Arabesken und Développés und tritt zur Seite sobald sie ihre Figur alleine stehen kann. Die Rolle des männlichen Tänzers ist es, die Virtuosität der Tänzerin zur Geltung zu bringen. Dieses Pas de deux enthält Sequenzen, in denen der männliche Tänzer sein Talent vollends unter Beweis stellen kann. Allerdings scheint sich die Erzählung mehr um die weibliche Rolle zu. Andere Choreografen wie Rudolph Nureyev positionierte dessen Charakter im Zentrum seines Werks und gab seiner Choreografie so mehr Geltung. Der Tanz baut auf einem Ungleichgewicht zwischen den Partnern auf, die sich gegenseitig eng umschließen und alsbald auseinanderbrechen.
Tango vivo – Cie Union Tanguera
Diese Spannung erzeugt unweigerlich eine Leidenschaft der Liebe. Wie diese Auszüge aus Tango Vivo zeigen, eine Show der Kompanie Union Tanguera. Jedoch ist es immer der Mann, der führt und die Frau, die folgt. Diese archetypische Formel verstärkt die Männlichkeit des männlichen Tänzers, die den weiblichen Qualitäten seiner Partnerin entgegensteht. Der Gang, bei dem sich die Schritte der Tänzer ineinander flechten, ist von Figuren geziert, die eine eindeutig erotische Brise beimischen. Es war unausweichlich, dass eine derartige Sinnlichkeit die Moralapostel auf den Plan rief, als der Tango 1905 in Frankreich einzog.
Che Malambo
Der „Malambo“ stammt aus Argentinien. Als traditioneller Gaucho-Tanz fordert er durch energisches Stampfen die rhythmische und physische Ausdauer der Protagonisten. Che Malambo bringt vierzehn Tänzer auf die Bühne, die eine Leidenschaft gleich einer wilden Horde an den Tag legen. Zu den „Bravo“-Rufen des Publikums wiederholen sie mit Stolz geschwellter Brust unablässig ihr erbittertes Stampfen. Dem wilden Geist dieser Hirten, die quer durch die Pampas galoppieren, ist hier freier Ausdruck verliehen.
Odissi - Madhavi Mudgal
Die Kunst von Madhavi Mudgal bietet dazu einen markanten Kontrast. L'Odissi ist ein weiblicher Tanz, dessen höchst brillante Vertreterin sie ist. Einst die Domäne der Tempeltänzerinnen von Orissa, ein Staat im Nordosten Indiens, ist er heute einer der bedeutendsten Stile des klassischen indischen Tanzes. Ihn charakterisiert das Stampfen der Füße, das einer kodifizierten rhythmischen Struktur folgt, als auch die Flexibilität des Oberkörpers und der Arme, die sich grazil schlängeln. In seiner generellen Rundheit ist Odissi der absolute Ausdruck von Anmut und Weiblichkeit.
Welcome to paradise – Joëlle Bouvier und Régis Obadia
In Welcome to paradise, einem zentralen Stück zeitgenössischen Repertoires der späten 1980er Jahre, portraitieren Joëlle Bouvier und Régis Obadia die aufeinanderfolgenden Phasen einer Partnerschaft. Die beiden Tänzer und Choreografen wissen wovon sie sprechen, da sie sowohl im privaten als auch im professionellen Leben unzertrennlich sind. Auf der Bühne treiben sie wie herrenlose Schiffe umher, suchen sich gegenseitig, trennen sich wieder und kommen schließlich mit dringendem Begehren wieder zueinander zurück. Eine Hebung, die die Tänzerin emporhebt, deutet eine sexuelle Ekstase an. Kurz darauf signalisiert eine ähnliche Sequenz einen schmerzhaften und ungewollten Bruch. Es gibt keine narrative Struktur in diesem langandauernden Pas de deux. Die Choreografie zeigt eine Serie verbundener Ansichten, ähnlich dem Kino, bei dem sie sich häufig Anleihen macht.
Blue lady – Carolyn Carlson
In Blue Lady, ein Solo, das auf legendäre Art und Weise das Publikum berührt, beschreibt Carolyn Carlson die verschiedenen Altersstufen und Stimmungslagen einer Frau. Wie sie selbst sagt, wollte sie die unzähligen Fassetten ihrer Identität offenbaren. Ohne zwingende chronologische Reihenfolge stelle die Choreografie das Aufblühen des Lebens, die Leichtigkeit und die Wonne der Kindheit, das Mysterium der Mutterschaft und das Altern dar, das den Körper niederdrückt und die Bewegungen schwanken lässt.
Blue lady [revisited] – Carolyn Carlson und Tero Saarinen
Nachdem sie Blue Lady einige Jahre selbst getanzt hat, suchte Carolyn Carlson vergebens eine Tänzerin, der sie das Stück anvertrauen konnte. Schließlich wandte sie sich an Tero Saarinen, einen finnischen Tänzer. Konnte sie die getanzte Autobiographie einer Frau nun einem Mann überlassen? Die Idee schien lächerlich. Erst einmal hatten die beiden Künstler eine grundsätzlich verschiedene Morphologie. Also musste das Projekt anders angegangen werden: beschreibt Tero Saarinen. Indem er eine exakte Reproduktion der Original-Choreografie vermied, deren dynamische Prinzipien jedoch bewahrte und die Bewegung vollends verkörperte, gelang es Saarinen, die Innenwelt einer Frau. Blue Lady Revisited ist insofern ein meisterhaftes Statement für das Geschick des Tänzer-Choreografen.
Corps est graphique - Mourad Merzouki
Von Beginn an hat Hip-Hop Frauen nur wenig Raum gegeben. Sich dieser Diskriminierung bewusst, ging Mourad Merzouki das Thema an. In Corps et Graphique, lädt er vier männliche und vier weibliche Tänzer gemeinsam auf die Bühne um ihre jeweiligen Qualitäten zur Schau zu stellen und zu zeigen, dass letztlich choreografische Anliegen und künstlerische Ziele Vorrang vor dem Geschlecht der Darsteller haben. Die Hingabe und Agilität, die Physis und die Fähigkeiten, die ein jeder zeigt, beweisen, dass sie kein männliches Privileg sind.
The dance of nothing - Liat Drors und Nir Ben Gals
Ächtung und Segregation sind die Hauptthemen Liat Drors und Nir Ben Gals. Die Protagonisten der israelischen Tanzszene schreiben mit The dance of nothing ein Manifest für den Frieden im Mittleren Osten. Durch beschreiben die Tänzer die Geschichte einer verbotenen Liebe zwischen einer palästinensischen Frau und einem israelischen Mann. Männliche und weibliche, tanzen zusammen die selbe Choreografie. Jeder so wie er oder sie es fühlt, ohne jeglichen Versuch der Homogenität. Diese Differenz in der Ähnlichkeit gibt der Vorstellung Raum, dass wir alle trotz unser Unterschiede in Geschlecht, Kultur oder Religion zur großen Familie der Menschheit gehören.
in mehr Tiefe
DUROSOIR, Georgie. Les Ballets de la cour de France au XVII° siècle : les fantaisies et les splendeurs du baroque. Suisse : Papillon, 2004. 160 p.
LĂŠ-AHN, Claude, CARLSON, Carolyn, SIMEON, Jean-Pierre (trad.). Paris-Venise-Paris. Arles : Actes sud, 2010. 311 p. (Danse).
MONETTE, Pierre. Le guide du tango. Paris : Syros/Alternatives ; Montréal : Tryptique, 1992. 257 p. (Les guides culturels Syros).
SERRES, Gilbert. Le pas de deux, les portés : manuel d'apprentissage. Meolans-Revel (Alpes-de-Hautes-Provence) : Désiris, 2002, cop. 2002. 255 p.
VENKATARAMAN, Leela, PASRICHA, Avinash. La danse classique indienne : une tradition en transition. [S.I.] : Editions de Lodi, 2003. 144 p.
APPRILL, Christophe. « L'hétérosexualité et les danses de couple », in DESCHAMPS, Catherine, GAISSAD, Laurent, TARAUD, Christelle (dir.), Hétéros. Discours, lieux, pratiques, Paris, EPEL, 2009, p. 97-108.
« Danse et amour », in Danser, numéro spécial 311, Monaco : Editions Du Rocher, juillet/août 2011.
KLEIN, Gabriele. « La construction du féminin et du masculin dans la danse des modernes », in Histoires de corps : A propos de la formation du danseur, Paris, Cité de la musique, 1998. p. 185-194.
LECOMTE, Nathalie. « Maîtres à danser et baladins aux XVII° et XVIII° siècles en France : quand la danse était l'affaire des hommes », in Histoires de corps : A propos de la formation du danseur, Paris, Cité de la musique, 1998, p. 153-172.
OBADIA, Régis, BOUVIER, Joëlle. « L’effraction du silence », in Mémoire vivante, tome 4, Paris, Plume, 1994, 63 p. (Mémoire vivante).
Autor
Anne Décoret-Ahiha ist Anthropologin für Tanz, Doktorin an der Universität Paris 8. Als Referentin, Trainerin und Beraterin entwickelt sie Vorschläge zum Thema Tanz als Bildungsressource und entwirft partizipative Prozesse zur Mobilisierung von Körperlichkeit. Sie animiert das "Aufwärmen des Zuschauers" im la Maison de la Danse.
Credits
Video Selektion
Olivier Chervin
Text und Literatur
Anne DĂ©coret-Ahiha
Produktion
Maison de la Danse
Das Parcours "Weiblich und männlich" wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung des General Secretariat of Ministries and Coordination of Cultural Policies for Innovation.
Die Übersetzung wurde mit Hilfe des European Video Dance Heritage Projekts umgesetzt, das durch die Kulturförderung der Europäischen Union unterstützt wird. Mehr Infos auf www.evdhproject.eu.